Talsperrenleitzentrale
des Ruhrverbands

Ruhreinzugsgebiet erlebt elftes zu trockenes Abflussjahr in Folge

Donnerstag, 14. November 2019 (08:00 Uhr)

Im Abflussjahr 2019, das mit dem so genannten „Wasserwirtschafts-Silvester“ am 31. Oktober 2019 zu Ende gegangen ist, verzeichnete das Ruhreinzugsgebiet zum elften Mal in Folge weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel. Das haben die Auswertungen des Ruhrverbands ergeben. Insgesamt fielen im Einzugsgebiet der Ruhr 981 Millimeter Gebietsniederschlag, das sind 70 Millimeter bzw. sieben Prozent weniger als der langjährige Mittelwert. Eine besondere Rekordmarke setzten dabei die Monate Juni bis August: Mit gerade einmal halb so viel Niederschlag wie in diesem Zeitraum üblich war 2019 der trockenste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn 1927.

 

Der nasseste Monat des Abflussjahres 2019 war der Dezember 2018, in dem es 163 Millimeter Niederschlag gab. Er folgte direkt auf den trockensten Monat (November 2018) mit nur 27 Millimetern. Zuvor hatte es seit 1927 überhaupt erst drei Mal in einem November noch weniger geregnet, zuletzt im November 2011.

 

Das Abflussjahr 2019 war jedoch nicht nur trockener als das langjährige Mittel, sondern auch zu warm – und zwar um 1,2 Grad über dem Vergleichswert der Zeitreihe 1981 bis 2010. Es wies damit die gleiche Mitteltemperatur wie die Jahre 2014, 2016 und 2018 auf. Nur im Abflussjahr 2007 war es noch wärmer gewesen (um 0,1 Grad). Das bedeutet: Die fünf wärmsten Abflussjahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 hat es in den letzten 15 Jahren gegeben! Wie schon bei den Niederschlägen nimmt der Juni 2019 auch bei den Temperaturen eine Sonderstellung ein: Er war um 3,8 Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt des Vergleichszeitraums 1981 bis 2010 und damit der wärmste Juni seit 1881. Bislang hatte der Juni des Jahres 2003 diese Marke gehalten.

 

Zu Beginn des Abflussjahres 2019, also am 1. November 2018, lag der Gesamtstauinhalt aller Talsperren im Ruhreinzugsgebiet aufgrund der extremen Trockenheit seit Februar 2018 bei 48 Prozent vom Vollstau und damit um 33 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Wegen der unvermindert hohen Abgaben aus dem Talsperrensystem des Ruhrverbands nahm der Füllstand im November weiter ab und erreichte am 2. Dezember 2018 mit nur noch 42 Prozent vom Vollstau den niedrigsten Füllstand im Abflussjahr 2019. Einen niedrigeren Füllstand hatte es Anfang Dezember zuletzt vor über 40 Jahren gegeben.

 

Erfreulicherweise sorgten die ergiebigen Niederschläge der Monate Dezember 2018 sowie Januar und März 2019 für einen kontinuierlichen Aufstau, so dass am 27. März 2019 mit 93 Prozent vom Vollstau der höchste Füllstand im Abflussjahr registriert wurde. Da im extrem trockenen Sommer 2019 erneut hohe Zuschüsse an das Flusssystem erforderlich wurden, ging das Abflussjahr erneut mit einem Füllstandsdefizit gegenüber dem langjährigen Mittel zu Ende. Allerdings fiel dieses mit 65 Prozent vom Vollstau (7 Prozent unter dem langjährigen Mittel) nicht ganz so eklatant aus wie im vorherigen Abflussjahr.

 

Die Ruhrverbandstalsperren haben im Abflussjahr 2019 jederzeit genug Wasser für die überregionale Trinkwasserversorgung und zur Einhaltung der Mindestabflüsse an der Ruhr abgegeben. Sie mussten dazu allerdings erneut Schwerstarbeit leisten, denn nach vorläufigen Berechnungen gab es an beiden gesetzlich relevanten Kontrollquerschnitten (Pegel Villigst bei Schwerte und Ruhrmündung) die zweitgrößte Anzahl so genannter zuschusspflichtiger Tage seit Einführung des Ruhrverbandsgesetzes im Jahr 1990. Damit lag die Zuschusspflicht in Villigst um 62 Prozent, an der Mündung sogar um 129 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2018. Gäbe es die Talsperren des Ruhrverbands nicht, wäre die Ruhr in Villigst von Ende Juni bis Ende September an rund 60 Prozent aller Tage trockengefallen.

 

Mitte Januar, Mitte Februar und Mitte März 2019 gab es im Abstand von jeweils etwa vier Wochen drei nahezu gleichgroße Hochwasserereignisse, bei denen die Hochwassermeldegrenze von 300 Kubikmetern pro Sekunde am Pegel Wetter überschritten wurde. Beim dritten Ereignis erreichte am Pegel Hattingen der Abfluss am 16. März 2019 um 19:42 Uhr mit 421 Kubikmetern pro Sekunde bei einem Wasserstand von 521 Zentimetern seinen Scheitelabfluss. Es war der größte Abfluss im Abflussjahr 2019.

 

Abflussjahre (auch hydrologische Jahre oder Wasserwirtschaftsjahre genannt) weichen von den Kalenderjahren ab, damit in der Jahresbilanz auch Niederschläge in Form von Schnee und Eis, die bereits im Frühwinter fallen, erfasst werden können. Sie werden nämlich erst im folgenden Kalenderjahr als Schmelzwasser abflusswirksam. In Deutschland legt eine DIN-Norm das Abflussjahr jeweils vom 1. November bis zum 31. Oktober fest, weil die Wasserreserven Ende Oktober erfahrungsgemäß am geringsten sind. 

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