Im Gegensatz zu den beiden vorherigen, sehr nassen Abflussjahren war das Abflussjahr 2025 im Ruhreinzugsgebiet mit 885 Millimetern (minus 16 % gegenüber dem langjährigen Mittel, vorläufige Berechnung) wieder zu trocken. Verantwortlich für diesen unterdurchschnittlichen Wert waren vor allem die acht Monate von Februar bis September, in denen weniger als zwei Drittel des sonst in diesem Zeitraum üblichen Niederschlags fiel (minus 36 %). Zur Erinnerung: Von 2009 bis 2022 hatte das Ruhreinzugsgebiet die längste aufeinanderfolgende Phase zu trockener Abflussjahre erlebt, ehe diese vor zwei Jahren durchbrochen wurde.
Eine besondere Herausforderung für das Talsperrensystem des Ruhrverbands stellten im aktuellen Abflussjahr 2025 der Februar (minus 74 % Niederschlag) und der März (minus 82 % Niederschlag) dar, denn während diese beiden Monate üblicherweise zum Aufstau von Wasservorräten genutzt werden können, setzte im Abflussjahr 2025 bereits ab März am Pegel Villigst Zuschusspflicht aus den Talsperren ein. Als Folge ging der Gesamtstauinhalt bis Ende April jahreszeituntypisch stark zurück. Einige regenreiche Tage Anfang Mai brachten zwar noch einmal einen Anstieg auf den höchsten Füllstand im Abflussjahr am 8. Mai (88 % vom Vollstau), doch im Anschluss erfolgte aufgrund der vielfach niederschlagsarmen Witterung ein kontinuierlicher Abstau bis ins letzte Oktoberdrittel hinein. Der niedrigste Füllstand des Abflussjahres wurde am 23. Oktober mit 64 % vom Vollstau erreicht.
Positiv bemerkbar machte sich dabei die in diesem Jahr erstmals wirksame Gesetzesänderung, die es dem Ruhrverband erlaubte, ab Juli niedrigere Grenzwerte für die Mindestwasserführung in den gesetzlich festgelegten Kontrollquerschnitten einzuhalten. Gegenüber den alten, höheren Grenzwerten konnten so knapp 29 Millionen Kubikmeter Wasser in den Talsperren des Ruhrverbands eingespart werden. Dies entspricht dem 2,3-fachen Fassungsvermögen der Ennepetalsperre! Dennoch verzeichnete der Ruhrverband am Pegel Villigst, dem traditionell stärker belasteten der beiden Kontrollquerschnitte, die dritthöchste Anzahl zuschusspflichtiger Tage seit 35 Jahren.
Noch ein Blick auf die Temperaturen: Zwar lag die Jahresmitteltemperatur im Gesamteinzugsgebiet der Ruhr erstmals seit drei Jahren wieder unter der magischen 10-Grad-Marke, doch mit 9,6 Grad war es im Vergleich zum langjährigen Mittelwert der Zeitreihe 1991 bis 2020 immer noch um 0,7 Grad zu warm. Der November, der Mai und der Juli waren nahezu durchschnittlich (Abweichung vom langjährigen Mittel jeweils 0,1 Grad), die anderen neun Monate jeweils wärmer als üblich. Der April (Platz 10 mit 9,9 Grad) und der Juni (Platz 8 mit 17,3 Grad) schafften es dabei in die Top Ten der wärmsten Monatsmitteltemperaturen seit Aufzeichnungsbeginn vor über 140 Jahren. Auch das Abflussjahr 2025 belegt also die Erkenntnis: Die durch die Erderwärmung und damit einhergehende Extremwetterphasen bedingten Herausforderungen für die Daseinsvorsorge sind das „neue Normal“.
Hintergrund: Abflussjahre (auch hydrologische Jahre oder Wasserwirtschaftsjahre genannt) weichen von den Kalenderjahren ab, damit in der Jahresbilanz auch Niederschläge in Form von Schnee und Eis, die bereits im Frühwinter fallen, erfasst werden können. Sie werden nämlich erst im folgenden Kalenderjahr als Schmelzwasser abflusswirksam. In Deutschland legt eine DIN-Norm das Abflussjahr jeweils vom 1. November bis zum 31. Oktober fest, weil die Wasserreserven Ende Oktober erfahrungsgemäß am geringsten sind.
